Wollen Sie (endlich) starke Frauenrollen im Kino sehen? Wir versprechen Ihnen, dass Sie daran Ihren größten Spaß haben werden – an Erotik und Humor, an Sex, Macht, Polyamorie. Entdecken Sie Ernst Lubitsch (1892-1947) als den ersten feministischen Film-Regisseur, aber vergessen Sie jegliche political correctness. Das Babylon feiert – wie jedes Jahr - gleich nach der Lubitsch-Preisverleihung vom 30.01. bis 18.02. mit über 20 Filmen das vibrierende Schaffen des bedeutendsten und unverständlicherweise hierzulande unbekannten, deutschen Hollywood-Regisseurs. Wir freuen uns, in guter Tradition seine Tochter Nicola Lubitsch als Gast zu begrüßen. Sie wird zu einigen Filmen ihres Vaters persönlich einführen. Das Babylon versteht sich als Lubitsch-Kino: Seit der Lubitsch-Preisverleihung 2014 sitzt die 1986 von Gunther Rometsch in Auftrag gegebene und von Jürgen Walter gestaltete Lubitsch-Figur in Reihe 3.
Jazzpianist Ekkehard Wölk spielt zur Eröffnung am 30.01. um 19.30 Uhr für „Madame Dubarry“ (1919) live den Filmsound (Eintritt frei). Innerhalb der ersten 20 Filmminuten ist die Kuss-Rate enorm, denn Pola Negri in der Titelrolle verdreht nicht einem, sondern fünf Männern den Kopf. Ihre Liebesgeschichte mit König Louis XV löst Weltgeschichte, die Französische Revolution aus. Der junge Lubitsch wagt sich in den Wirren nach der Novemberrevolution an ein urfranzösisches Thema und interpretiert es auf einer persönlichen Ebene. Ein Minister, der Macht an eine Frau verliert, zieht seine Fäden und scheut nicht davor zurück, das Volk gegen sie und den König aufzuwiegeln. Der bis dahin teuerste, deutsche Film erhält – wie etliche andere Lubitsch-Werke - ein Jugendverbot. Er eröffnet den Zoopalast und wird ein großer Publikumserfolg, auch auf dem internationalen Markt.
Berlin ist der Ausgangspunkt, die künstlerische Quelle, Hollywood besiegelt den weltweiten Ruhm. Lubitsch war sehr ehrlich mit sich selbst bezüglich seiner eigenen Schauspielkarriere: „The audiences were unwilling to accept me as a straight leading man“ (Brief an Herman G. Weinberg, 10.07.1947). So wechselt er hinter die Kamera und entfesselt die weibliche Strahlkraft seiner Stars. „All women are sirens at heart“ bringt er es in einem Interview mit May Allison Quirk auf den Punkt.
In der samstäglichen Reihe „Stummfilm um Mitternacht“ hat das Publikum die Möglichkeit, bei freiem Eintritt sechs frühe Lubitsch-Werke „made in Berlin“ für sich zu entdecken. In „Ich möchte kein Mann sein“ – von 1918, Lubitsch ist 26 Jahre jung - will die kokette Ossi Oswalda mit ihrer Leidenschaft für Zigaretten, Alkohol und Pokern die Privilegien der Männerwelt genießen und kauft sich deshalb einen Frack. Auf dem Kudamm kommt sie damit bei der Frauenwelt bestens an. Nachts trifft sie unerkannt ihren Hauslehrer. Aus dem Verbrüderungskuss wird heftiges Küssen... (15.02. 23:59 Stummfilm um Mitternacht). Ein Jahr später gibt Ossi Oswalda „Die Austernprinzessin“ (1919), eine verwöhnte Millionärstochter, die sich einen Prinzen kaufen will (01.02. 23:59 Stummfilm um Mitternacht). In „Die Puppe“ (1919) soll Lancelot heiraten und bricht in Tränen aus. Als 40 Jungfrauen vor der Tür warten, nimmt er Reißaus. Der einzige Ausweg: Das Kloster? Oder die Heirat mit einer Puppe? Der Traum von einer pflegeleichten Ersatzehefrau auf der einen Seite und die renitent-gewiefte Ossi Oswalda auf der anderen – was für ein Lubitsch-Plot!
„Lubitsch ist nicht ein, sondern ‚das‘ Genie der Film-Regie“, schreibt 1919 die Lichtbild-Bühne. Dieser internationale Erfolg führt den Berliner schon 1922 nach Hollywood. Mit seiner unverwechselbaren Handschrift, dem Lubitsch-Touch, überschreitet er lustvoll auch beim US-amerikanischen Publikum die gesellschaftlichen Konventionen. Seine subtilen, doppelbödigen Screwball Comedies mit vielsagenden Auslassungen, erotischen Andeutungen, gelungenem Timing, Schärfe, Wortwitz und Charme sind bis heute ein Kino-Genuss.
In „Trouble in Paradise“ (1932) sind Lilly und Gaston ein absolut ebenbürtiges Jet Set Liebes- und Diebespaar. Ihr nächstes Opfer soll in Paris Madame Mariette Colet sein, jüngst verwitwet und mit zwei Verehrern ausgestattet, denen sie zu verstehen gibt: „Marriage is a beautiful mistake.“ Madame Colet ist nicht schwach, sie ist eine Herausforderung! Und so verliebt sich Gaston in sie. Überschäumend, spritzig und federleicht: Lubitschs Lieblingsfilm.
Die Ménage à trois entwickelt er in „Design for Living” (1933) weiter: Eine Frau liebt zwei Männer. Gilda: “A thing happened to me that usually happens to men. You see, a man can meet two, three, or even four women and fall in love with all of them, and then by a process of interesting elimination, he is able to decide which he prefers. But a woman must decide purely on instinct”. Zunächst versuchen die drei ein Gentlemen’s agreement: “No sex” – bis Gilda richtig erkennt, dass sie kein Mann ist und damit andere Freiheiten genießt.
In „Bluebeard’s Eighth Wife” (1938) verrät der Reis in der Anzugstasche des Verlobten dessen Vergangenheit. Sie ist arm, aber adelig. Er ist exzentrischer Millionär und hält um ihre Hand an. Sieben Mal war er schon verheiratet und besteht nun auf einem Ehevertrag. Zeit für eine Lektion!